Zurück in den Beruf nach einer Fehlgeburt: 7 Tipps, um den Balanceakt zu meistern

Über die Autorin

Julia
Mama, Personalerin und Coach

Trauer, Ohnmacht, Wut – nach einer Fehlgeburt ist für viele Frauen nichts mehr, wie es einmal war. Der Alltag fühlt sich fremd an, und die Rückkehr zur Normalität scheint unerreichbar. Besonders der Wiedereinstieg in den Beruf wird zur großen Herausforderung. Aufgaben, die früher zur Routine gehörten, wirken plötzlich überwältigend. Zwischen den Anforderungen des Jobs und den emotionalen sowie körperlichen Belastungen bleibt wenig Raum, um zu atmen und die eigenen Gefühle zu verarbeiten. Denn auch wenn Du physisch an den Arbeitsplatz zurückkehrst, verschwindet Deine Trauer nicht einfach.

Zudem spüren viele Frauen den Druck – sei es von sich selbst oder von anderen – im Beruf gleich wieder die gewohnte Leistung erbringen zu müssen. Doch der Spagat zwischen der Trauerbewältigung und der beruflichen Verantwortung kann sich beinahe unmöglich anfühlen.

Wichtig ist:

Es ist völlig normal, wenn Du Dich unsicher und überfordert fühlst. Niemand erwartet, dass Du direkt wieder „funktionierst“. Auch wenn es scheint, dass der Arbeitsalltag wenig Raum für Trauer lässt, gibt es Möglichkeiten, wie Du diesen schwierigen Übergang besser bewältigen kannst. Im Folgenden findest Du sieben hilfreiche Tipps, die Dir den Wiedereinstieg nach einer Fehlgeburt erleichtern.

1. Sprich mit Deinen Vorgesetzten über Deine Bedürfnisse

Falls Dein Arbeitgeber noch nichts von Deiner Schwangerschaft wusste, bist Du nicht verpflichtet, ihn über die Fehlgeburt zu informieren. Dennoch kann es für Dich von großem Vorteil sein, offen mit ihm zu sprechen. Indem Du Deine besondere Situation erklärst und Deine aktuellen Bedürfnisse schilderst, kannst Du Dir den Wiedereinstieg erheblich erleichtern.

Vielleicht benötigst Du mehr Flexibilität, sei es durch angepasste Arbeitszeiten oder die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten. Oder Du wünschst Dir weniger Stress, indem Du vorübergehend weniger Verantwortung übernimmst. Auch wenn Du einfach nur auf Verständnis hoffst, was Deine emotionale Ausnahmesituation betrifft – der offene Dialog mit einem verständnisvollen Arbeitgeber kann Dir den Druck nehmen, sofort wieder volle Leistung bringen zu müssen. So fällt es Dir vielleicht leichter, mit den Emotionen umzugehen, die Dich im Arbeitsalltag plötzlich überwältigen können.

Wichtig zu wissen:
Nach einer frühen Fehlgeburt (bis zur 12. Schwangerschaftswoche) besteht kein arbeitsrechtlicher Kündigungsschutz. Erst ab der 12. Woche hast Du Anspruch auf diesen besonderen Schutz, und dafür musst Du Deinen Arbeitgeber über den Verlust informieren.

Überlege auch, ob du Deine Kolleg*innen einweihen möchtest. Hier kommt es ganz auf Dein Arbeitsumfeld an. Manche Frauen empfinden den Arbeitsplatz als willkommene Ablenkung und möchten nicht, dass ihre Fehlgeburt thematisiert wird. Andere finden es hilfreich, jemanden zu haben, der in den Pausen ein offenes Ohr für sie hat und Unterstützung anbietet. Beide Ansätze sind vollkommen in Ordnung – Du entscheidest, was sich für Dich richtig anfühlt.

2. Prüfe für Dich: Wie viel Auszeit brauchst Du?

Jede Frau geht anders mit ihrer Trauer um, und es gibt keine allgemeingültige Empfehlung, ob eine berufliche Auszeit nach einer Fehlgeburt sinnvoll ist oder ob die Rückkehr zur Arbeit als wichtiger Schritt im Trauerprozess dient. Manche Frauen finden in der Arbeit Ablenkung, Stabilität und Struktur, während andere Zeit brauchen, um sich emotional und körperlich zu erholen. Das Wichtigste ist, auf Deinen Körper und Deine inneren Signale zu hören.

Wichtiger Hinweis:
Ein Anspruch auf Mutterschutz, Mutterschaftsgeld oder den Arbeitgeberzuschuss besteht nur nach einer Totgeburt (nach der 24. Schwangerschaftswoche). In diesem Fall hast du in der Regel Anspruch auf eine Schutzfrist von acht Wochen. Solltest du den Wunsch haben, früher an Deinen Arbeitsplatz zurückzukehren, ist dies frühestens drei Wochen nach der Totgeburt möglich – hierfür benötigst Du ein ärztliches Attest.

Bei einer frühen Fehlgeburt hast Du keinen Anspruch auf Mutterschutz. Aktuell setzt sich Natascha Sagorski für eine Staffelung des Mutterschutzes ein, die sich am Fortschritt der Schwangerschaft orientieren soll. Mehr dazu findest du hier.

Wenn Du vor der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt hattest und Dich sowohl körperlich als auch seelisch belastet fühlst, kannst Du Dich von Deinem Gynäkologen oder Deiner Gynäkologin krankschreiben lassen. Dies gilt auch, wenn Du nach einer Totgeburt über die Schutzfrist hinaus nicht in der Lage bist, wieder zu arbeiten. In diesem Fall greifen die Regelungen zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder zum Krankengeld Deiner Krankenkasse, nicht die Mutterschutzregelungen.

Zusätzlich kannst Du mit Deinem Arbeitgeber über bezahlten oder unbezahlten Sonderurlaub sprechen, um Dir eine weitere Auszeit zu ermöglichen. In einigen Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen gibt es möglicherweise auch gesonderte Regelungen für Karenztage. Wende Dich hierzu an Deinen Arbeitgeber.

3. Passe – wenn möglich - Arbeitsort und Arbeitszeit Deinen Bedürfnissen an

Im Gespräch mit Deinem bzw. Deiner Vorgesetzten kannst Du besprechen, ob es möglich ist, vorübergehend im Homeoffice zu arbeiten – abhängig von den Anforderungen Deines Jobs. Ein Wechsel zum Arbeiten von zu Hause kann Dir emotionalen Raum geben und Dir helfen, in Deiner gewohnten Umgebung zu bleiben, was oft eine große Entlastung darstellt. 

Andererseits kann es auch sein, dass Dir gerade die Abwechslung und die Anwesenheit im Büro helfen, auf andere Gedanken zu kommen und Dich wieder besser in den Arbeitsalltag einzufinden.

Wenn in Deinem Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle gelten, nutze diese Möglichkeiten, um Deinen Alltag so zu gestalten, dass du Pausen für Dich einplanen kannst. Flexible Pausen ermöglichen es Dir, bewusst Auszeiten zu nehmen, wenn Du sie benötigst. Vielleicht kannst Du auch Stundenguthaben auf Deinem Arbeitszeitkonto verwenden, um Dir zusätzliche Ruhezeiten zu gönnen.

Während der Pausen ist es wichtig, gut für Dich selbst zu sorgen. Kleine Auszeiten können Dir helfen, Deine emotionale Belastung besser zu bewältigen. Achte grundsätzlich darauf, ausreichend Schlaf zu bekommen, Dich gesund zu ernähren und Dich regelmäßig zu bewegen.

Solltest Du im Schichtdienst arbeiten, kann es sinnvoll sein, mit Deinem Arbeitgeber darüber zu sprechen, vorübergehend eine kontinuierliche Schicht zu übernehmen. Dies würde Dir helfen, eine feste Routine zu entwickeln und körperlich weniger mit wechselnden Arbeits- und Ruhezeiten zu kämpfen. Darüber hinaus kannst Du in Erwägung ziehen, Deine Arbeitszeit zu reduzieren und vorübergehend in Teilzeit zu arbeiten, um Dir mehr Raum für Erholung zu schaffen.

Das Ziel ist es, vorübergehend einen Arbeitsalltag zu schaffen, der Dir die nötige Unterstützung bietet, während Du Deinen Weg zurück zur Normalität findest.

4. Reduziere – wenn möglich - Deine Arbeitsbelastung

Nach einer Fehlgeburt kann es hilfreich sein, Deine Arbeitsbelastung vorübergehend zu verringern. Besprich mit Deinem Arbeitgeber, welche Aufgaben im Moment Priorität haben und welche zunächst ein Kollege oder eine Kollegin übernehmen kann. Dabei ist es ratsam, die betreffende Person ins Vertrauen zu ziehen und über Deine besondere Situation zu informieren, um Missverständnisse und mögliche Frustration zu vermeiden.

Solltest Du in einem leistungsabhängigen Bewertungssystem arbeiten, kann es zudem sinnvoll sein, für eine gewisse Zeit aus diesem System auszusteigen. Dies könnte Dir den nötigen Freiraum verschaffen, um den Leistungsdruck zu reduzieren und Dich ohne zusätzliche Belastungen auf die Verarbeitung des Erlebten zu konzentrieren. In einem offenen Gespräch mit Deinem bzw. Deiner Vorgesetzten kannst Du klären, wie diese Anpassungen vorübergehend umgesetzt werden können.

5. Plane Deinen ersten Arbeitstag bewusst

Der erste Tag zurück im Büro nach einer Fehlgeburt kann emotional besonders herausfordernd sein. Deshalb ist es wichtig, diesen bewusst und im Voraus zu planen. Dies kann Dir helfen, den Druck zu mindern und Deinen ersten Arbeitstag etwas stressfreier zu gestalten.

Vereinbare ein Gespräch mit Deinem bzw. Deiner Vorgesetzten, um Deine Situation und Bedürfnisse zu besprechen (siehe Tipp 1.) Ein solches Gespräch im Vorfeld kann Die helfen, Nervosität und Anspannung abzubauen, sodass Du dem ersten Tag mit mehr Ruhe entgegensehen kannst.

Wenn möglich, starte mit leichteren, weniger anspruchsvollen Aufgaben, um Dich langsam wieder an den Arbeitsrhythmus zu gewöhnen. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn Du nicht sofort wieder Deine volle Leistung erbringen kannst.

6. Nimm Dir Zeit für Routinen und setze realistische Ziele

Konzentriere Dich darauf, vertraute Routinen wieder aufzunehmen, die Dir gut tun – wie Deine Lieblingsmusik auf dem Weg zur Arbeit, das Mittagessen mit Kolleg*innen oder ein entspannter Spaziergang nach Feierabend. Gleichzeitig kannst Du auch neue Routinen einführen, wie etwa eine kurze Meditation oder bewusste Atemübungen während der Mittagspause, um Dir Momente der Ruhe zu gönnen.

Setze Dir realistische Ziele, die Du erreichen kannst, ohne Dich zu überfordern. Vielleicht hilft Dir ein weiteres Gespräch mit Deinem bzw. Deiner Vorgesetzten (siehe Tipp 1), um sicherzustellen, dass Du die nötige Unterstützung erhältst. Es ist wichtig zu verstehen, dass es gute Tage gibt, an denen Du Dich leistungsfähig fühlst, und auch Tage, an denen Dich Trauer und Schmerz wieder überwältigen.

Besonders schwierig können Triggersituationen sein, wenn zum Beispiel eine Kollegin von ihrer Schwangerschaft erzählt oder ein Teammitglied in Elternzeit geht. Solche Momente können tiefe Wunden aufreißen. Deshalb ist es hilfreich, Deine persönlichen Trigger zu erkennen und Strategien zu entwickeln, wie Du in solchen Momenten reagieren kannst – sei es durch eine kurze Pause, einen Rückzug an einen ruhigeren Ort oder ein Gespräch mit einer vertrauten Person.

7. Nimm Unterstützung an

Es ist wichtig zu wissen, dass Du in dieser schweren Zeit nicht allein bist. Viele Unternehmen bieten interne Unterstützung an, wie Mitarbeiterberatungsprogramme oder betriebliche Sozialdienste, die Dir in Deiner aktuellen Situation weiterhelfen können. Informiere Dich, ob auch Dein Arbeitgeber solche Programme anbietet. Sie können Dir sowohl emotionalen Rückhalt als auch praktische Unterstützung bieten.

Darüber hinaus kannst Du Dich vertrauensvoll an die Personalabteilung, den Betriebsrat oder eine Vertrauensperson in Deinem Unternehmen wenden. Es ist absolut in Ordnung, um Hilfe zu bitten, wenn Du sie brauchst – sei es in Form von Gesprächen oder auch, um konkrete Arbeitsanpassungen zu besprechen.

Fazit

Die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einer Fehlgeburt ist ein sehr persönlicher und emotionaler Prozess, der Zeit und Selbstfürsorge erfordert. Es gibt keinen „richtigen“ oder „falschen“ Weg – nur Deinen eigenen. Erlaube Dir, diesen Weg in Deinem eigenen Tempo zu gehen.

Höre auf Deinen Körper und Deine Emotionen, und plane Deinen Wiedereinstieg so, dass Du Dich nicht überforderst. Schritt für Schritt wirst Du Deinen Arbeitsrhythmus wiederfinden.

Den Weg zurück in den Arbeitsalltag musst Du nicht allein gehen. Es ist vollkommen in Ordnung, Hilfe und Unterstützung anzunehmen – sei es von Kolleg*innen, Vorgesetzten oder professionellen Beratungsstellen. Unterstützung anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Schritt, der Dir helfen kann, wieder Stabilität und Sicherheit zu finden.

Am wichtigsten ist, dass Du Dich nicht unter Druck setzt, immer „funktionieren“ zu müssen. Nimm Dir die Zeit, die Du brauchst, und sei geduldig mit Dir selbst.

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